Klinikum Oldenburg

Ein Ort für Erinnerung, Stille und Haltung

Im Barockgarten des Klinikums Oldenburg ist im April 2025 ein Ort entstanden, der an Patientinnen und Patienten erinnert, die vor über 20 Jahren Opfer eines Verbrechens im Klinikum wurden. Ein Ort, der uns mahnt und zugleich Hoffnung schenkt. Hier, wo einst das Vertrauen in besonderer Weise verletzt wurde, soll ein Raum sein für das Gedenken - und für die Zukunft.

Mit dem „Ort des Gedenkens“ erhält die Erinnerung an sie einen sichtbaren Platz. Der Ort lädt Angehörige, Mitarbeitende sowie Besucherinnen und Besucher ein, innezuhalten und sich mit dem Geschehenen auseinanderzusetzen.

Die künstlerische Installation Salvation Bells des Bremer Künstlers Martin Reichmann gibt diesem Erinnerungsort seine besondere Gestalt. Mehrere Glocken aus Beton bleiben stumm und stehen für das Verstummen von Leben. Eine einzelne Glocke aus Bronze dagegen klingt. Sie verweist darauf, dass Erinnerung nicht endet, sondern lebendig bleibt und uns auffordert Verantwortung zu übernehmen. 

Für die, die nicht mehr sprechen können und deren Geschichte gehört werden muss

Die Menschen, denen dieser Gedenkort gewidmet ist, vertrauten auf Hilfe und verloren in einer Situation größter Verletzlichkeit ihr Leben. Dieses Unrecht ist schwer zu begreifen, doch es darf nicht in Vergessenheit geraten.

Das Erinnern ist ein Ausdruck von Würde und Respekt. Es ist ein Zeichen an die Hinterbliebenen, dass ihr Schmerz gesehen wird und ihre Trauer hier einen Platz hat.

Die stummen Glocken der Installation stehen für das Verstummen von Leben und für das, was nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Die eine Glocke, die klingt, verweist auf die Verantwortung, aus dem Geschehenen zu lernen und für die Zukunft Haltung zu zeigen.

Die Opfer gehören nicht nur der Vergangenheit an. Sie sind Teil unserer bleibenden Verantwortung.

Ein Krankenhaus ist ein Ort des Vertrauens. Dieses Vertrauen wurde am Klinikum Oldenburg schwer verletzt. Das Geschehen war nicht nur das Ergebnis des Handelns eines Einzelnen, sondern auch Ausdruck von Strukturen und einer Kultur des Schweigens, die dies möglich machten.

Aus diesen Erfahrungen hat das Klinikum Konsequenzen gezogen. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um Patientensicherheit zu stärken, Abläufe transparenter zu gestalten und eine offene Kultur des Hinschauens zu fördern.

Bereits 2014 wurde ein umfassender Maßnahmenkatalog entwickelt, von dem viele Elemente heute landes- oder sogar europaweit Standard sind. Dazu gehören unter anderem:

Hinweisgebersystem: Mitarbeitende können seit 2014 anonym Verdachtsfälle melden, um gesetzeswidriges oder unmoralisches Verhalten frühzeitig aufzudecken.

CIRS (Critical Incident Reporting System): Über ein softwaregestütztes System erfassen wir seit 2012 Beinahe-Fehler und kritische Situationen, um daraus zu lernen. Seit 2014 ist CIRS gesetzlich vorgeschrieben.

Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen: Unerwartete Todesfälle und kritische Behandlungsverläufe werden regelmäßig analysiert, um die Abläufe kontinuierlich zu verbessern.

Arzneimittelsicherheit: Veränderungen im Medikamentenverbrauch werden systematisch überprüft, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen.

Stationsapotheker: Seit 2020 unterstützen Stationsapotheker die behandelnden Ärztinnen und Ärzte bei der sicheren Medikation. Seit 2022 sind sie in Niedersachsen verpflichtend.

Patientenfürsprecher und Beschwerdemanagement: Rückmeldungen von Patientinnen, Patienten und Angehörigen werden ernst genommen und helfen uns, die Versorgung stetig zu verbessern.

Diese Maßnahmen zeigen: Verantwortung erschöpft sich nicht im Rückblick. Sie bedeutet, Sicherheit und Vertrauen täglich neu zu schaffen. Der „Ort des Gedenkens“ ist deshalb nicht nur eine Erinnerung an das, was geschehen ist, sondern auch ein sichtbares Zeichen für den Anspruch, die Patientensicherheit dauerhaft in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen.

Die künstlerische Gestaltung des Gedenkorts stammt von Martin Reichmann, einem Bildhauer aus Bremen. Er arbeitet zwischen Skulptur, Installation und Raumintervention und ist bekannt für seine kraftvolle, rohe Formsprache, die bewusst Brüche sichtbar macht und Fragen stellt.

Sein Entwurf Salvation Bells („Alarmglocken“) setzt auf starke Symbole: Mehrere Glocken aus Beton bleiben stumm und erinnern an das Verstummen von Leben. Eine einzelne Glocke aus Bronze kann hingegen zum Klingen gebracht werden. Sie verweist darauf, dass Erinnerung lebendig bleibt – und uns auffordert, Verantwortung zu übernehmen.

Der Entwurf wurde in einem transparenten Verfahren ausgewählt. Nach einer begrenzten Ausschreibung im Sommer 2024 reichten zwei Künstlerinnen und Künstler Vorschläge ein und wurden im September 2024 der Jury vorgestellt.

Die Jury setzte sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Kunst, Ethik, Pflege, Seelsorge, Vorstand, Angehörigen und auch Auszubildenden des Klinikums zusammen. Nach intensiven Gesprächen entschieden sich die Mitglieder einstimmig für die Arbeit Salvation Bells von Martin Reichmann.

Aktuelles

Ein Ort der Erinnerung, ein Zeichen der Verantwortung

Datum

Klinikum Oldenburg weiht Gedenkstätte ein

Am heutigen Donnerstag wurde im Barockgarten des Klinikums Oldenburg ein Ort des Gedenkens eingeweiht, der den Patientinnen und Patienten gewidmet ist, die vor über 20 Jahren Opfer eines Verbrechens innerhalb des Klinikums wurden. Der neu geschaffene Erinnerungsort ist ein sichtbares Zeichen für die bleibende Verantwortung, die das Klinikum übernimmt – und für das Versprechen, Erinnerung aktiv und zukunftsgewandt zu gestalten.

Mit der künstlerischen Installation „Salvation Bells“ des Bremer Künstlers Martin Reichmann wurde ein Ort geschaffen, der mehr ist als ein Denkmal. Er lädt zum Innehalten, zur Auseinandersetzung und zum Nachdenken ein. Inmitten des zentral gelegenen Barockgartens erinnert die Arbeit aus Beton und Bronze eindrücklich an das Unfassbare – und gleichzeitig an die Kraft, aus Erinnerung Verantwortung zu formen.

„Es hat lange gedauert, bis wir diesen Ort geschaffen haben – länger, als viele es sich gewünscht haben. Aber wir sind jetzt hier und wir machen es nicht halb, sondern richtig“, sagte Rainer Schoppik, Vorstandsvorsitzender des Klinikums Oldenburg, in seiner Ansprache. „Dieser Ort ist kein Abschluss, sondern ein Meilenstein auf dem Weg zu einem kollektiven Erinnern, das nicht stehen bleibt, sondern uns auffordert zu handeln.“

Die Skulptur, so Schoppik weiter, sei nicht nur ein künstlerisches Zeichen, sondern auch ein Ausdruck ethischer Haltung: „Salvation Bells – das sind keine Glocken, die uns erlösen. Aber sie können uns wecken. Und wenn wir das zulassen – dann liegt in der Erinnerung auch ein Versprechen: Dass wir aus dem Unfassbaren etwas machen, das uns künftig schützt. Nicht nur als Klinik. Sondern als Menschen.“

Künstler Martin Reichmann betonte in seiner Rede: „Salvation Bells steht für stille Mahnung und klingende Hoffnung. Die Glocken aus Beton fordern unsere Erinnerung, an das, was nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Doch die Glocke aus Bronze, die man selbst zum Klingen bringen kann, verweist auf die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen.“

Die Auswahl der Installation erfolgte unter enger Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern aus Kunst, Ethik, Pflege, Seelsorge – und mit Christian Marbach, der als Angehöriger und Sprecher der Hinterbliebenen mitgewirkt hat.

Die Einweihung wurde begleitet von einem musikalischen Rahmen, Redebeiträgen und einer Schweigeminute. Auch Auszubildende des Klinikums übernahmen symbolisch Verantwortung, indem sie die Schweigeminute einleiteten – ein berührendes Zeichen für die Weitergabe der Erinnerung an die nächste Generation.

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